Forschungsthemen

Die Computersimulation ist mittlerweile eine übliche Vorgehensweise zur Analyse von Systemen, die für eine formelmäßige Behandlung zu kompliziert sind. Dabei wird ein Modell erstellt, das eine Abstraktion des realen Systems darstellt. Durch Festlegung von Randbedingungen bzw. Variation von Parametern kann das Verhalten des Modells mit Hilfe numerischer Methoden errechnet werden. Die Ergebnisse können dann für Rückschlüsse auf das Problem und dessen Lösung genutzt werden. Der Lehrstuhl für Gesteinshüttenkunde hat es sich unter anderem zur Aufgabe gemacht Verschleißmechanismen feuerfester Baustoffe zu erforschen.

Dazu werden neben Finite-Elemente-Simulationen zur Ermittlung des thermomechanischen Verhaltens von feuerfesten Baustoffen sowie Fact-Sage-Simulationen für thermochemische Berechnungen auch Strömungssimulationen (Computational Fluid Dynamics -CFD) durchgeführt.

Feuerfeste Baustoffe werden hauptsächlich für die Auskleidung von Aggregaten für Hochtemperaturprozesse verwendet, d.h. die feuerfeste Zustellung ist Schlacken und Schmelzen bei hohen Temperaturen ausgesetzt. Der durch den Kontakt mit schmelzflüssigen Substanzen hervorgerufene chemische Verschleiß des Feuerfestmaterials wird von den Strömungsverhältnissen beeinflusst.

Am Lehrstuhl für Gesteinshüttenkunde werden CFD-Simulationen eingesetzt, um den Einfluss von Strömungen auf den Verschleiß zu untersuchen. Aus der Kenntnis des Strömungsverhaltes ist es möglich über Analogien in den Transportgleichungen auf die Stoffübertragung zu schließen. Das nachstehende Beispiel zeigt die Simulation der Strömungsverhältnisse in einem Trommelofen, der für Verschleißuntersuchungen verwendet wird (Rotorverschlackungstest).

Der kostengünstige Einsatz von Baustoffen ist von immer größerer Bedeutung und Maßnahmen zur Optimierung werden ständig gefragt. Dies gilt sowohl für den Bereich der bautechnischen Anwendung als auch für feuerfeste Werkstoffe. Computerverfahren werden verwendet um das Verhalten dieser Baustoffe unter den jeweiligen Randbedingungen vorherzusagen. Die Prognose des thermomechanischen Verhaltens von feuerfesten Baustoffen stellt einen Arbeitsschwerpunkt am Lehrstuhl für Gesteinshüttenkunde dar.

Feuerfeste Baustoffe finden ihren Einsatz vor allem dort, wo es notwendig ist, die Stahlkonstruktion von industriellen Anlagen vor hohen Prozeßtemperaturen zu schützen. Derartige Anlagen sind weit verbreitet und finden sich in der metallerzeugenden Industrie, der Glasindustrie sowie auch in der Baustoff- und chemischen Industrie wieder. Aufgrund dieser Verwendung erreichen feuerfeste Produkte im Einsatz Temperaturen von mehr als 1500°C. Durch die vorhandenen thermischen Dehnungen und die eingeschränkte Dehnmöglichkeit kommt es zu Spannungen in der Zustellung. Diese mechanischen Belastungen stellen ein Schädigungspotential dar und können den Verschleiß des feuerfesten Materials beschleunigen oder Produktionsausfälle verursachen.

Durch geeignete Auswahl der Materialien, Optimierung von Geometrien oder Anpassung von Prozeßparametern läßt sich das Verhalten der Zustellung verbessern beziehungsweise die mechanischen Belastungen verringern. Zu diesem Zweck werden am Lehrstuhl für Gesteinshüttenkunde Simulationen mit Hilfe der Finiten Elemente Methoden (FEM) durchgeführt. Um die Ursache von Schädigungen aufklären zu können ist es notwendig, nichtlineares Materialverhalten wie etwa Rißbildungen in den Simulationen zu berücksichtigen.

So kann zum Beispiel der voreilende Verschleiß im Boden/Wand Übergangsbereich eines LD-Konverters, wie er für die Stahlproduktion verwendet wird, erklärt werden (siehe Abbildung). Aufgrund der thermischen Dehnung des Konverterbodens und der Wand kommt es zu einer Biegebeanspruchung der Steinlagen in der Übergangszone. Im rechten Teil der Abbildung sind die Spannungen in der Übergangszone parallel zu den Steinlagen als Konturplot dargestellt. Rote Bereiche sind Zonen in denen Zugspannungen parallel zu den Steinlagen auftreten, in den gelben Bereichen treten Druckspannungen auf. Diese Biegezugbelastung führt zu einer Rißbildung rechtwinklig zu den Steinlagen, welche zu einem Ausbrechen größerer Zustellungsteile führen kann.

Quellenangabe
D. Gruber, K. Andreev, H. Harmuth: Optimisation of the Lining Design of a BOF Converter by Finite Element Simulations. Steel Research int. 75 (7), 455-461, 2004

Die Arbeiten des Lehrstuhls für Gesteinshüttenkunde beschäftigen sich insbesondere mit der Untersuchung des Aufbaus von Gießschlacken und Gießpulvern sowie ihrem Aufschmelzverhalten und ihrer Kristallisation. Zu diesem Zweck werden sowohl originale Gießpulver als auch Materialien aus dem Betrieb (Gießschlacken, Schlackenkränze) untersucht.

Die dabei angewandten Methoden sind:

  • Auflicht- sowie Rasterelektronenmikroskopie an Gießpulverproben, Schlackenproben sowie Proben nach Stufenglühungen (Abb. 1 und Abb. 2)
  • Heiztischmikroskopie (Abb. 3 und Abb. 4): Untersuchung von Pulverproben, Anschliffen sowie Schlackenproben bei Temperaturen bis 1500°C
  • Röntgendiffraktometrische Untersuchungen
  • Differentialthermoanalyse und Thermogravimetrie
  • Untersuchungen nach der Double Hot Thermocouple Technique (DHTT) (Abb. 5): Dabei wird insbesondere das Kristallisationsverhalten einer Schlackenprobe in Abhängigkeit des Temperaturgradienten beobachtet.
  • Hochtemperaturviskosimetrie (Abb. 6)

Die mit den obgenannten Verfahren durchgeführte Charakterisierung der Gießpulver ermöglicht Rückschlüsse auf ihr Betriebsverhalten sowie die Gießpulverauswahl.

Quellenangaben

[1] I. Marschall, H. Harmuth: “Investigation of the slag rim growth in the continuous casting process”, SCANMET III- 3rd International Conference on Process Development in Iron and Steelmaking, 8-11 June 2008, Luleå, Sweden

[2] N. Kölbl, H. Harmuth: „Hot stage microscopy for in situ observations of the melting and crystallisation behaviour of mould powders”, SCANMET III- 3rd International Conference on Process Development in Iron and Steelmaking, 8-11 June 2008, Luleå, Sweden

Kontakt: Nathalie Kölbl, Irmtraud Marschall